1919 - 2019
Einhundert Jahre
SV der Wiener- und Budapester Tümmler Deutschlands

 

Zur Einführung und vielleicht auch zum besseren Verständnis etwas zur Entstehung und Entwicklung der Wiener Tauben und unseres Sondervereins.

Fällt unter Taubenzüchtern und -liebhabern das Wort Wiener wird es auch sofort mit dem Hochflug verbunden. Das macht uns schon etwas stolz, denn der Flugtaubensport lässt sich auf viele hundert Jahre zurückführen und ist ohne Zweifel eine der ältesten Liebhabereien, die mit dem Altwienertum eng verflochten ist. Nach alten Überlieferungen hatten die Wiener Tümmler gegen 1850 bereits schon einen Höhepunkt als Hochflugtaube in Wien. Bis über 250 Schwärme kreisten damals über der Stadt. Eine für heutige Zeiten unvorstellbare Zahl.

Zur Abstammung des Wieners soll nur soviel gesagt werden, dass sie wohl unumstritten überwiegend persisch-indischen Ursprungs sind. Als Kreisziehertauben wurden sie bereits Anfang des 18. Jahrhunderts bekannt und begannen von Wien aus ihren Siegeszug um die Welt. Schon damals fanden sich die begeisterten Züchter zwangslos an Sonn-und Feiertagen zusammen und begutachteten mitgebrachte Tauben. Aus diesen zwangslosen Zusammenkünften, sogenannten Tischgesellschaften, bildeten sich festere Formen der Gemeinschaft. So dauerte es auch nur wenige Jahre bis die 1. Wiener-Tümmler Ausstellung, die zugleich auch die erste Taubenaustellung Wiens war, durchgeführt wurde. Am Dreikönigstage, dem „06. Jänner des Jahres 1856“ in Manascheks Gastwirtschaft „Zur Traube“ in Leopoldstadt, Große Pfarrgasse wurde sie abgehalten. Sie beschränkte sich auf die Zeit von 10 Uhr vormittags bis 15 Uhr nachmittags. Ihr folgten in unregelmäßigen Abständen weitere. So wurde durch die einstigen kleinen Tischgesellschaften der Grundstein für das heutige Vereinswesen gelegt.

Der erste auf Grund von Statuten gegründete Verein wurde am 04. Mai 1874 unter dem Namen „Erster Wiener Geflügelzüchter Verein“ ins Leben gerufen. Er nahm aber die gesamte Kleintierzucht in sein Programm auf. Obwohl die Wiener-Tümmler Züchter hauptsächlich Mitbegründer waren, entschlossen sie sich einen selbstständigen Verein zu gründen. So entstand 1881 unter dem Namen „Gesellschaft der Taubenfreunde“ der erste Wiener Tümmler Verein. Er fand so regen Zuspruch, dass es 1897 zur Gründung eines zweiten Vereins unter dem Namen „Wiener-Tümmler-Klub“ kam. Ihm stand vor der Obmann Rudolf Paradieser. Große Erfolge und Anerkennung erzielte dieser Verein nicht nur durch seine hervorragenden Züchter, sondern auch durch die Einführung von Klubfußringen.

Durch die Anregung der Wiener-Tümmler-Züchter entstanden Vereinigungen in Budapest, Prag und Preßburg. Auch in Deutschland gab es bereits Taubenfreunde, die mit dem Wiener-Tümmler-Klub in engem Kontakt standen. In Berlin, Hamburg, Hannover, Braunschweig, Magdeburg und Halberstadt waren die größten Konzentrationen der Wiener-Tümmler-Freunde in Deutschland zu finden. Zwischen den deutschen Züchtern gab es bereits rege Verbindungen.

Besonders aktiv zeigten sich die Berliner Zuchtfreunde. Ihr erster organisatorischer Zusammenschluss fand am 05. Mai 1919 unter der Bezeichnung „Verein Wiener Hochflugtauben“ statt. Im Vordergrund des Vereinsgeschehens stand der Hochflug, welcher in ganz Berlin fanatisch betrieben wurde. Später änderte sich diese Einstellung und man nannte den Verein in den „Klub Wiener-Taubenzüchter“ um. Es bestanden außerdem noch zwei weitere Vereine in Berlin. Der Verein „Österreich-Ungarischer-Tümmler“ und ab 1926 der „Club der Budapester Züchter Deutschlands“ mit Sitz in Berlin. Sie schlossen sich 1934 zum Verein der Wiener- und Budapester Tümmlertauben zusammen. Im 1. Sonderverein der Wiener Taubenzüchter von 1919 waren nicht nur Berliner, sondern Zuchtfreunde aus ganz Deutschland vereint. Der Erfolgszug der Wiener führte in den Folgejahren zur Bildung weiterer Sondervereine. So wurde bereits am o5. Mai 1920 der nächste Sonderverein in Braunschweig gegründet. Den Braunschweigern folgte 1923 Königsberg, 1928 Breslau, 1931 Hamburg und 1936 Magdeburg. Zwischen allen Sondervereinen bestand nicht nur ein enger Kontakt, sondern wurden auch gemeinsame Ausstellungen durchgeführt. Besonders enge Beziehungen hatten Berlin, Magdeburg, Braunschweig und Hamburg aufgenommen.

Im Jahre 1938 erfolgte auf Anordnung der Regierung der Zusammenschluss aller bis dahin bestehenden Sondervereinen zu einem Verein mit einem Hauptvorstand. Aus den selbstständigen Vereinen wurden jetzt Vereinsgruppen mit einem Vorstand. Gleichzeitig erfolgte die amtliche Registrierung des Vereins. Das Kriegsgeschehen ließ es ruhiger werden um die Taubenzucht. Aber schon in den ersten Nachkriegsjahren waren es wieder Berliner, Braunschweiger, Hamburger und Magdeburger Züchter welche die Initiative ergriffen. 1949 richtete der Berliner SV die erste Ausstellung aus. Durch die Bemühungen von W. Rieper und Ludwig Lamster, Berlin, gelang es die jeweiligen Vereine wieder zu motivieren und von einem Hauptvorstand führen zu lassen. Als neue SV- Gruppe kam 1953 Rheinland hinzu. Die 1. Hauptschau wurde 1954 in Berlin durchgeführt. Durch die sichtbaren Erfolge gab es neuen Auftrieb. Weitere Gruppen gründeten sich. Am 31.03.56 Ruhrland, am 02.12.56 Kaufbeuren und Neubrandenburg.

Der 13.08.1961, Mauerbau in Berlin, verursachte den größten Einschnitt im SV und besonders für die Berliner. Die Gemeinsamkeit war vorüber, aber durch Züchterfreundschaften wurde die Verbindung aufrecht erhalten. Die Hochflugmeisterschaft, welche in den ganzen Jahren in Gesamtdeutschland ausgeflogen worden war, lief allerdings noch einige Jahre weiter. Hochflugmeister wurde u.a. auch Jochen Stöpel aus Magdeburg. Unbedingt mit einflechten muss man an dieser Stelle das der Wiener- und Budapesterverein durch die Hochflugtauben zum Bestehen kam.

Der Hochflug wurde seit Bestehen bis heute im SV rege betrieben, gefördert und von einem Obmann geführt. Erst in den späteren Jahren gewannen die Ausstellungstauben einen immer größer werdenden Liebhabenkreis.  

Im Osten Deutschlands erfolgte eine Umbenennung. Aus dem Sonderverein (SV) wurde eine Sonderzuchtgemeinschaft (SZG). Die neuen Bedingungen waren aber auch eine besondere Herausforderung. In beiden Teilen Deutschlands bildeten sich neue Gruppen. Dresden, Stuttgart, Halle, Gartz, Rheinland-Pfalz, Bremen, Saar und Nordrhein-Westfahlen. Etliche von ihnen wurden wieder aufgelöst oder schlossen sich zusammen. Die Entwicklungen und Bedingungen der Zeit hinterließen im Westen sowie im Osten Deutschlands ihre Spuren. So erfolgte in der ehemaligen DDR 1974 die Gründung der „SZG Flugsporttümmler“. Hierdurch wechselten einige Hochflugzüchter aus der SZG der Wiener-u. Budapester Tümmler in die neue SZG.

Mit dem Wechsel gingen auch einige Kurzenzuchten verloren. Insgesamt ging es in den Zuchten aber weiter voran.

Positiv für die gesamte Wiener- und Budapester Zucht in Deutschland wirkte sich der gemeinsam beibehaltene Standard aus. So war es mit der Wende 1989 kein Problem wieder gemeinsam das Zuchtziel anzustreben. Schnell waren die geringen Abweichungen in den Standardformulierungen bereinigt. Im Januar 1991 in Verden/Aller schlossen sich der Sonderverein und die Sonder-Zucht-Gemeinschaft wieder als eine Vereinigung zusammen.

Es war schon ein ergreifendes Ereignis als sich die Vorsitzenden, wie unser unvergessener Udo Elling, Visselhövede und Rainer Möller, Leipzig die Hände reichten. Waren doch hiermit neue Dimensionen für unsere Zucht und für die Sonderschauen erhoffbar. Ein Traum, einmal tausend Wiener-und Budapester Tümmler auf einer Schau zu sehen, ging dort noch nicht in Erfüllung. Mit Recht können wir aber behaupten jährlich sehr gute Sonderschauen mit einer stets hervorragend beschickten Hauptschau durchgeführt zu haben. Wir verfügen über einen hohen Zuchtstand und unsere Mitglieder sind national- und international erfolgreich vertreten.

Die ursprüngliche Organisationsform hat sich bewährt und wurde beibehalten. Von einem Hauptvorstand geführt, bestanden die SV-Gruppen: Berlin, Hamburg, Braunschweig. Magdeburg, Sachsen, Thüringen, Nordrhein-Westfahlen und Süd. Wir zählten in den Jahren ca. 250 Mitglieder. Die 1. große Sonderschau im Osten Deutschlands führten wir 1996 mit 800 Tieren in Wolmirstedt in der „Jahnhalle“ durch. Aussteller und Besucher aus Österreich, Norwegen, den Niederlanden, Ungarn und Polen sorgten für die Internationalität. Erstmals zeigte auch der Fernsehsender Interesse und brachte längere Ausschnitte in seiner Sendung.  

1997 war ein besonderer Höhepunkte in der Geschichte der Wiener-und Budapester Zucht. Der 1. Wiener Sonderverein, „Komitee der Vereinigten Wiener Hochflugtauben Österreichs“ mit Sitz in Wien beging sein 100jähriges Bestehen! Unter Leitung von Hans Stipsky, Wien bildete eine Sonderschau mit internationaler Beteiligung den würdigen Rahmen für das große Ereignis. Unser SV war nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ hervorragend vertreten.

Im Dezember 1998 in Leipzig gab es für viele unserer Züchter ein einmaliges Erlebnis. Das Ringen um den „Goldenen Siegerring.“ Ihn errang Dirk Reckstadt vor Manfred Schüder und Alfred Böhm. In den Jahren darauf folgten noch viele schöne Hauptschauen. Herausragend aber waren die beiden Europasonderschauen 2003 und 2008 in Barleben. Vom Ausstellungsleiter Wolfgang Meyer, Wolmirstedt organisiert stellten sie bis dahin eine Einmaligkeit in der Geschichte des SV dar.

Erstmals wurde die tausender Zahl an Wienern- und Budapestern und ihren Hochflugtauben erreicht. Teilnehmer aus sechs Ländern beteiligten sich und Besucher aus Norwegen und England konnten begrüßt werden.

In dem Jahr musste der 1. Vorsitzende Rainer Möller sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegen. Von ihm übernahm den Vorsitz Steffen Kraus, Rostock, der ihn auch heute noch führt.

Den Zuchtstand unserer Rassen und seiner Farbenschläge konnten wir überwiegend verbessern. Es kamen auch einige Farbenschläge hinzu. Einfarbig Weiße und Rotfahle Wiener Mittelschnäblige kamen zuletzt zur Anerkennung. Fasst alle glattfüßigen Spielarten sind nun auch in kurz belatscht ( 5cm ) anerkannt. Leider bescherten uns die hinzu gekommenen Farbenschläge auch keine neuen Züchterzahlen. Nun müssen wir noch mehr darauf achten das unsere alten und Hauptfarbenschläge nicht vernachlässigt werden.

Auch unser SV muss leider der heutigen Zeit Rechnung tragen. So lösten sich die SV Gruppen Braunschweig, Hamburg, Berlin und Süd auf, während die Gruppe Rheinland, welche über viele Jahre ruhte, wieder neu erstarkte. Schön wäre es gewesen, wenn sich die Zuchtfreunde aus den aufgelösten Gruppen anderen angeschlossen hätten. Leider klappte das aus überwiegend Altersgründen nicht. Unabhängig davon geht es positiv weiter und optimistisch sehen wir auf die kommenden Jahre.

Nun steht uns wieder ein besonderer Höhepunkt bevor. Unser SV begeht in diesem Jahr sein 100 jähriges Bestehen! Gekrönt werden wird dieses Ereignis durch eine Europa-Sonderschau vom 06. - 08. Dezember 2019 anlässlich der Bundessiegerschau in Leipzig. Nun hoffen wir natürlich auf eine besonders positive Beteiligung.

Eingeladen sind alle Wiener-und Budapester-Tümmlerzüchter Europas und darüber hinaus.

Für Fragen an unseren SV und seine Rassen sowie Spielarten, stehen Ihnen viele bewährte Zuchtfreunde zur Verfügung. Stellvertretend wenden Sie sich bitte an den Vorsitzenden Steffen Kraus, Galgenbergsweg 20, 17166 Teterow, webmaster@wiener-budapester-tuemmler.de oder den Zuchtwart Wolfgang Meyer, 39326 Wolmirstedt, Friedrich-Ebert-Straße 13.

W. Meyer, Wolmirstedt